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Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner lite­rarischer Gedenks­teine in Form eines Gedichtes jüngst ver­stor­bener Dichter, über­wiegend fremd­sprachiger, aber auch deutsch­sprachiger. Aus­gangs­punkt sind unter ande­rem aktuelle Todes­mel­dungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.

Liste der Stelen   ↓

 

Juan Gustavo Cobo Borda
(Bogotá 1948 – ebenda 2022)


Poetik
Wie heute noch Gedichte schreiben,
warum verstummen wir nicht einfach,
wenden uns nützlicheren Dingen zu?
Warum muß man Zweifel säen,
alte Konflikte neu beleben,
unwillkommene Zärtlichkeiten;
es ist nur ein kleiner Lärm
angehängt einer Welt,
die ihn übertönt und außer Kraft setzt.
Wird etwas klar durch solch ein Fadengewirr?
Niemand braucht das.
Ein Rest alten Glanzes,
womit geht er einher, welche Wunden kann er heilen?

Aus dem lateinamerikanischen Spanisch übersetzt von Hans Thill.

 

»Für die einen war er ein Dichter, für die anderen ein Essayist; andere sagen, er sei ein Büchernarr gewesen, und wieder andere bezeichnen ihn als Kulturmanager. Er war Vater, Freund und Förderer der Künste. [...] Er behielt nie etwas für sich, teilte alles. Viele steckte er an mit seiner Leidenschaft für Bücher, immer lächelnd, wenn er über sie sprach.«
Santiago Diaz Benavides

 

Juan Gustavo Cobo Borda wurde 1948 in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá geboren. Nach Schulzeit und Studium veröffentlichte er 1974 sein Debüt Consejos para sobrevivir (Ratschläge zum Überleben). Er zählte zu den Mitstreitern der Gruppe des Nadaísmo, die die alte Rhetorik der kolumbianischen Dichtung durch Spontaneität und radikale Negation erneuerte. 1975-83 leitete er die Nationalbibliothek und das Kolumbianische Kulturinstitut. In Buenos Aires lernte er Jorge Luis Borges kennen, über den er mehrere Essays schrieb. Später war er Botschafter seines Landes in Griechenland. J. G. Cobo Borda starb im Alter von 74 Jahren im September 2022 in Bogotá.