Tuvia Rübner
(Bratislava 1924 – Afula/Israel 2019)
Wüstenginster
Wenn ich nicht spräche, wäre ich nciht
gehend im Staub, zu Staub
ruhend in einem kleinen Schatten, der Baum
wäre nicht da, wenn ich nicht sagte
weißer Ginster
klein, weiß, er beschirmt mich
Erde, ohne Stimmen, gute, warme
die Quellen versiegen
wenn ich nicht spräche
kein Mensch könnte hören
sehen, sagen
im flüchtenden Glanz:
»Wolke, klein und weiß wie die Hand des Menschen
der im Staub geht zu Staub
und spricht
geht vorbei«
Aus: Wüstenginster. Herausgegeben, aus dem Hebräischen übersetzt und mit einer
Nachbemerkung von Efrat Gal-Ed und Christoph Meckel. München, Piper 1990
Wir danken dem Rimbaud Verlag für die Wiedergabe.
»Weshalb muß ich mir heute auch immer wieder sagen, Gedichte seien vom Anständigsten, was es noch gibt, und Sprache sei die beste aller menschlichen Welten, wenn auch noch nicht die gute?«
Tuvia Rübner
Tuvia Rübner wurde als Kurt Tobias Rübner 1924 in Bratislava, Tschechoslowakei, geboren und wuchs in einer deutschsprachigen jüdischen Familie in Preßburg auf. 1941 gelang ihm die Auswanderung nach Palästina, während seine Familie ein Jahr darauf im KZ Auschwitz-Birkenau ermordet wurde. Tuvia Rübner arbeitete in Israel als Bibliothekar und Literaturlehrer. Bis 1950 und nach seiner Emeritierung 1992 schrieb er in deutscher Sprache, die meisten seiner Gedichte sind auf Hebräisch erschienen. Tuvia Rübner starb im Juli 2019 mit 95 Jahren bei Afula in Israel.