Gerrit Kouwenaar
(Amsterdam 1923 – Amsterdam 2014)
Drei jungfraun wiedergekehrt
Man ist spät aufgestanden, sommer hängt schwer
vom himmel herab, selbst gerüche sind violetter
man ist in den obstgarten gegangen, siehe da
drei jungfrauen stehen, nackt als ob sie da wärn
zwischen dem fallobst singen sie was über alle
sinnen geht, kehlkraut, das sich übersetzt
in blütenstaub, milch der rosen, maden
auf der suche nach lettern, lilien, bald noch lilien –
Deutsch von Gregor Laschen. Aus Gregor Laschen (Hg), Eine Jacke aus Sand.
Poesie aus den Niederlanden. Poesie der Nachbarn Bd. 5. edition die horen 1993
»Kouwenaar schreibt eine eindringliche Sprache, die in den Gedichten zugleich unpersönlich wie partikular laut wird, eine auf die genaueste Formulierung zielende, sprachlich-sinnliche Lyrik, in der versucht wird, den Reflexionen und Emotionen ihr Recht auf Eigenständigkeit zu geben.« Ton Naaijkens
Gerrit Kouwenaar wurde 1923 in Amsterdam geboren und starb ebendort am 4. September 2014. Er arbeitete als Journalist und Redakteur, Übersetzter, Dichter und Romanautor und war für die Erneuerungsbewegung der niederländischen Literatur in den 50er-Jahren bedeutend („Fünfziger“). Zudem übersetzte er Werke von Goethe, Dürrenmatt, Bertold Brecht und Rolf Hochhuth. Neben anderen Preisen erhielt er den niederländischen Staatspreis für Literatur. Auf Deutsch erschienen die Bände Ohne Namen (Limes Verlag 1972) und Ein geruch von verbrannten Federn(Kleinheinrich 1996).