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Daniela Dröscher
Was will sie mit Kaninchen?
Das erste Känguru, dem ich auf dem roten Kontinent begegnete, war tot. Es lag zusammen­gekrümmt am Straßenrand, die pelzigen Läufe standen in schwachem Winkel gegen die Hitze, es war ein junges, kleines Tier, eins von den Grauen.

*

Ich hatte mit der Arbeit an einer neuen Geschichte begonnen, doch ging es mühsam voran. All das, was zu beschreiben war, Thiele, sein Kummer, die Fische, standen blass und falsch auf dem Papier umher. Vor einem Jahr etwa hatte Thiele seine Stelle an der Universität in Sydney angetreten. Seither war es vorbei mit seinen Geschichten, von denen ich wusste, mir einbildete, dass ihre verdrehte Poesie Thiele eine verdrehte Intimität bedeutete. An dem Abend, als er kam, um sich von mir zu verabschieden, hatte er davon gesprochen, dass seine große Passion für das Gebiet des Kolonia­lismus womöglich in Verbindung stünde mit seiner ebenso großen Abscheu vor Fischen. Ich interessierte mich nicht für Fische. Fische waren mir ebenso gleich­gültig wie der Kolonialismus, wohl aber interes­sierten mich Kummer und Rätsel.
Der Berliner Winter zog sich in den März hinein, und Thiele, seine Abwesenheit und Einsilbigkeit, machten mich nervös. Als er mir eine Einladung zum Mardi Gras zukommen ließ, jenem Fest, das, wie er schrieb, eine brillante Reklamation öffent­lichen Raumes zu werden versprach, verkündete ich kurz entschlossen meinen baldigen Besuch. Thiele schrieb, ich sei willkommen, doch habe ich während des Aufenthalts das Schreiben zu unterlassen, zumindest niemanden, nicht ihn, und keinesfalls seine Freundin, damit zu behelligen. Ohnehin sei Sydney sei ein Ort für sonnige, entspannte Menschen, das übrige Land voll giftiger Tiere und all das ohne jede Poesie. Mit letzterer, schrieb er, habe er gebrochen. Die Revolution der poetischen Sprache führe zu nichts, das einzige, was zähle, sei die Aktion.

*

In der Ankunftshalle des Flughafens drängten sich die Passagiere. Die arabische Großfamilie, deren Gesichter im Schlaf wie dunkles schweres edles Öl geglänzt und die während des Fluges mit Hilfe eines kleinen elektrischen Geräts gen Mekka zu beten versucht hatte, verfolgte das geschäftige Benehmen der Festival­besucher nicht ohne Irritation. Lidstriche wurden nachgezogen, Federboas zurechtgerückt, Küsse verteilt und Transparente aufgerollt. Irgendjemand schrie unaufhörlich den Satz „Kidnap someone and make him happy“ durch ein Megaphon. Die Luft war feucht und schwer, meine Geschichte wellte sich am Grunde meines Gepäcks, als Thiele mich unter der niedrigen Halle hervor zu sich ins Freie zog. Ich blinzelte in die Sonne, vergebens suchte ich nach einem seiner salzweißen Hemden, die meist von winzigen Rotweinflecken übersät gewesen waren. Stattdessen trug er nun ein ältliches Jackett, das mich an Robert Lembke denken ließ. „Da bist du also“ war das erste und einzige, was Thiele sagte.
Das Taxi hielt vor einem Haus, dem ein fleckiger, offener Anbau als Veranda diente. Thiele schleppte meinen Rucksack an vertrockneten Blumenbeeten und noch unbeschrifteten Transparenten vorbei in Richtung Tür. Auf der Veranda erhob sich eine Frau mit sehr rotem Haar aus ihrem Liegestuhl. Der dürre Kater, der auf ihrem Schoß gesessen hatte, begann missmutig an den fremden Koffern zu schnüffeln. Die Frau, die Loretta hieß, streckte mir eine ungepflegte Hand entgegen. Sie küsste Thiele spitz die Lippen, während ihre Augenwinkel meinen Körper nach Unebenheiten durchsuchten. Kaum hatte Thiele mir ein Bier in die Hand gesteckt, ich hasste Bier, ich trank nie Bier, begann er zu dozieren, über verdeckten Kolonialismus, Aufsichtsräte, Hakim Bey, und die sedierende Wirkung der australischen Sonne. Ich hörte zu, erstaunt, verwundert, ängstlich, für Thiele überflüssig geworden zu sein.
Am Abend dann liefen wir die breite Straße hinunter ins Zentrum, wo das Fest begonnen hatte. In den Fassaden der Bankfilialen spiegelten sich Kakteen, in die bunt flackernde Lichterketten eingeflochten waren. Bier trinkende Jugendliche rasten in offenen Wagen durch die Straßen, von irgendwoher sang ein Kookaburra sein dünnes Lied. In alles hatte jemand eine winzige Verschiebung eingeflochten, einen falschen Winkel des Lichteinfalls, eine Kette kaum merklicher Irritationen. Mechanisch tat ich, was alle taten, ich trank, ich tanzte, doch blieb ich schwer und fern und einzeln.
Thieles Freunde, die sich als A-Dog (Anthony), B-Dog (Ben) und C-Dog (Christian) vorstellten und die alle into politics waren, beäugten mich skeptisch, mich, die ich zu Thieles altem Leben gehörte und also poetry, nicht politics war. Von Christian, der mich zu mögen schien, erfuhr ich, dass er Ethnologie studierte, in Tasmanien aufgewachsen war, und seinen Lebensunterhalt in einer Kaffeerösterei verdiente. Wie die anderen Dogs trug auch er ein mit glitzernden Pailletten besetztes Kostüm, das ihn als Mitglied der Paradetruppe mit Namen „Asian Marching Boys“ zu erkennen gab.
Loretta tanzte betont ausgelassen. Thiele tanzte nicht. Er ignorierte mich auf nahezu ungehörige Weise, er hielt sich abseits und kickte leere Victoria-Bitter-Dosen die Wege entlang. Als Loretta einmal für längere Zeit mit den Dogs verschwunden blieb, nahm ich ihn grob beiseite, blass und falsch wanderte meine Hand über den Stoff seines Jacketts, und Thiele ließ mich gewähren.

*

In der Nacht träumte ich von Robert Lembke und seinen idiotischen Sparschweinen. Thiele hüpfte einbeinig um mein Bett herum, er schrie „wer bin ich, wer bin ich“, um sich in immer größeren Kreisen im Dunkeln zu verlieren.

*

Da Thiele, der das Schwimmen in natürlichen Gewässern schon immer verabscheut hatte, jetzt aber, wie sich herausstellte, auch Sonnenbäder und Klippen­wanderungen als zu affirmativ bewertete, kamen gemeinsame Strand­besuche nicht in Frage. Wann immer er Zeit dazu fand, begleitete Christian mich bei meinen Strand­nachmit­tagen, um mit leiser Stimme über die empfindsame Handhabung der Kaffee­bohne zu meditieren. Auch urbane Legenden wusste er zu berichten. Wie alle hier wüssten, sagte Christian, stünde die Revolution der Stadt bevor. In Bondi Bay hatten Haie die unter der Wasseroberfläche verborgenen Sicherheitsnetze zernagt, auch sei ein zu Hilfe gerufener Techniker von einer kupferfarbenen Viper, die sich in einem Computer der hiesigen IBM-Zentrale eingenistet hatte, tödlich verwundet worden. Besonders zu beschäftigen schien ihn der Umstand, dass die obdachlosen Ureinwohner, die man im Vorfeld der Olympiade des Stadtzentrums verwiesen hatte, seither als verschwunden galten. Mir war nicht entgangen, dass man in der Stadt nicht einem Ureinwohner begegnete, doch es berührte mich nicht sonderlich. Christian, der mich ständig für irgendwelche ihrer dot-dot-paintings zu begeistern suchte, durchforschte mein Gesicht nach einer Betroffenheit, die er dann enttäuscht zu vermissen schien.
Meine Abende vergingen, wie sie in jeder anderen Stadt vergangen wären. Die Stadt schlief und erwachte ohne mich, und mit ihr der australische Kontinent. Meist saß ich in den Sesseln der fleckigen Veranda, wo ein Wasserturm von der anderen Straßenseite seine Schatten hinüber warf. Das Radio spielte One-Hit-Wonders, die auf der anderen Seite der Erde bereits vor Monaten aus den Charts gepurzelt waren. Ich summte zu Liedern, in denen von „love“ oder „loving you“ die Rede war. Thiele gegenüber wagte ich weder seinen Kummer noch meine Geschichte zu erwähnen. Wenn er nicht gerade into politics war, saß er neben mir und grübelte über widerstandsfähige Formen temporär autonomer Zonen. Wann immer ich einen Satz mit „ich“ begann, sagte Thiele: „‚Ich‘ gibt es erst seit dem achten Jahrhundert.“ In versöhnlicheren Momenten studierten wir die Fliegen, die kopfüber von der Decke hingen, und beobachteten die italienischen Nachbarn, die Unmengen von schwarzen Aalen an der Wäscheleine zum Trocknen festbanden. Die aufgeschlitzten, feuchten Bäuche glänzten im Sonnenlicht, Thiele schüttelte sich und sagte: „Aale, es sollte mehr über Aale geschrieben stehen.“
Loretta, die uns keine Sekunde aus den Augen ließ, strafte Thiele indes mit verletzter Teilnahmslosigkeit, und lief mit geröteten Lidern im Haus umher. Ab und an standen ihre Koffer dick und verquollen im Hausflur herum, und rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit wanderten ihre Inhalte wieder zurück in die dafür vorgesehenen Fächer des Kleiderschranks.
Zwischen all dem wellte sich meine Geschichte irgendwo am Grunde meines Gepäcks. Mit jedem vergangenen Tag fürchtete ich mich mehr vor dem Schreiben, von dem ich ahnte, dass Thiele mich seiner beständig verdächtigte.
An einem Abend schließlich ließen sich Loretta und ihre Koffer nicht länger zum Bleiben bewegen. Mir blieb nichts anderes übrig, als mit fester Stimme meine Abreise zu verkünden. Da hier, erklärte ich, weder mit Fischen noch mit Kummer zu rechnen sei, wünschte ich wenigstens etwas vom Landesinneren zu sehen. Thiele starrte auf den großen wütenden Rucksack zwischen meinen Schulterblättern und sagte: „Was will sie, die Regenbogenschlange, das Riesenkänguru?“ Ich kämpfte gegen die Enge in meiner Kehle, Thiele betrachtete mich nachdenklich, fast zärtlich, er sagte: „Tränen gibt es erst seit dem achten Jahrhundert“, dann packte er ein paar Sachen zusammen, Loretta begann zu heulen, er sah durch sie hindurch wie zu jemandem, den er nicht zu mögen schien.

*

Wir vermieden die Ostküste, Uluru, Darwin, und reisten in die einsameren Gebiete des Südostens. Wie liefen durch Regenwälder und Küstenstriche, blickten müde in die Gesichter von Koalas, Pinguinen, schiffsbauchgroßen Walen. Allein die Kängurus blieben merkwürdig abwesend, ausdauernd und stetig. Wann immer ich mich über die allerorts an Boden und Bäumen lauernden Gefahren beschwerte, sagte Thiele nur: „Angst gibt es erst seit dem achten Jahrhundert“, und grübelte weiter über seine temporäre Zonen.
Meinem ersten Känguru begegnete ich in Kootamandra, einem unscheinbaren Wüstennest in der Nähe des Muddy Rivers. In Kootamandra war das Angebot für Touristen rar, es gab Wüste und Wüstentankstellen, an denen man blecherne Särge erstehen konnte, sonst gab es nichts. Ich buchte, Thieles zeternden Einwänden zum Trotz, eine zweitägige Tour in einem Minibus, auf dem mit greller Farbe „The Real Australia“ geschrieben stand. Zwei Ranger, Jerry, ein dicklicher älterer Typ, dem Haare aus den Nasenlöchern wuchsen, und ein junger, hagerer, dessen Namen ich nicht verstand, irgend etwas komplett Idiotisches mit vielen hellen Vokalen, Kiki oder Roodie vielleicht, würden uns, zusammen mit einer Seniorengruppe englischer Ladies, sicher durch das Hinterland führen.
Kurz nachdem der Real-Australia-Bus in Kootamandra losgefahren war, tippte Thiele mir auf die Schulter und zeigte auf einen kleinen, pelzigen Kadaver am Straßenrand. Die englischen Ladies schielten betreten zu Boden, und ich heftete den Blick schnell auf den Plastikblumenstrauß, der auf dem Armaturenbrett befestigt war.
Als Höhepunkt des ersten Tages galt die Besichtigung einer sakralen Felsformation. Mitten in Jerrys Vortrag über die Kultur der ‚Abos‘, den Thiele mit vernichtenden Blicken begleitete, war plötzlich der Lärm eines sonderbaren Fahrgeräts zu hören. In der Ferne erschien eine Mischung aus Motorrad und Traktor, auf dem zwei betrunkene Aborigines erst weite, dann engere Kreise um uns zogen, um schließlich unter lauten Gelächter in der Wüste zu verschwinden.
Als Kiki-Roodie uns am Abend zu einem Drink einlud, schüttelte Thiele empört den Kopf. Ich aber war verfinstert, ich hasste Australien, ich hasste meine Geschichte, ich hasste das achte Jahrhundert, und also nickte ich. Thiele sagte „fuck you, poetry“, und also fuhren wir. Kiki-Roodie brachte uns zu einem Bowling-Center etwas außerhalb der Stadt. Stolz berichtete er, dass gerade ein meat-raffle begonnen hatte, eine Art Tombola, wie er erklärte, bei der es anstelle von Preisen Fleisch zu gewinnen, Hälften, Schenkel, tranchierte Zungen und Nieren. Unter niedrigen Decken saßen an die vierzig Männer, weiße Männer. Die Luft war stechend vor Rauch und Fleischgeruch. Ich betrachtete die maschinell erstellten Zahlenfolgen auf den Zetteln, die man uns am Eingang in die Hand gedrückt hatte, dann konzentrierte ich mich auf die Martinis, die Kiki-Roodie spendierte. Seine Zahlen gewannen häufig, er bestellte einen Martini und noch einen. Bald schon begann Thiele zu dozieren, über das Ende des weißen Mannes, tote Kängurus, und die Obszönität des Bowlingspiels. Kiki-Roodie blinzelte müde in die rauchige Luft hinein, Jerry hob indes zu einem weinerlichen Karaoke-Beitrag an, Thiele kippte seinen Martini hinunter und verließ umgehend den Raum. Ich dachte kurz daran, ihm hinterher zu gehen, entschied mich aber dagegen. In dem Song sang jemand davon, dass er manchmal von etwas ganz einfachem träumte, von einer Farm mit Schafen, von einer Frau, von Kindern, von weniger Trunkenheit und einem Ende von „this life.“ Ich wartete, bis Kiki-Roodie applaudiert und seine Plastiktüten mit den blutigen, in Papier geschlagenen Fleischstücken zusammen gesucht hatte, dann hakte ich ihn unter und zog ihn fort in Richtung Real-Australia-Bus.
Als ich ins Hotel zurückkam, lag Thiele, alle Viere von sich gestreckt, auf dem Hotelbett. Während ich mich auszog und unter die Decke kroch, begann er unvermittelt zu erzählen. Von den Fischen, die im Wasser seiner Badewanne trieben, während sein Vater im Zimmer nebenan die Geliebte vögelte, auf dem Sofa, wo die Mutter dem Vater sonst die Zehennägel schnitt, von dem Kanarienvogel, den er als Kind besessen, den er stets mit besessener Fürsorge umhegt und aber in einem Anfall großen Kummers in der Tiefkühltruhe erfroren hatte. Thiele erzählte, ich hörte zu und wusste nicht, was plötzlich so entsetzlich falsch in alledem war. Ich dachte an den Vogel, die Aale, und das Känguru, und an den dämlichen Text, den Thiele einmal geschrieben und den ich immer für das Produkt seiner verdrehten Phantasie gehalten hatte, „Der Kanarienvogel, der Konjunktiv und ich“, dann schlief ich augenblicklich ein.
Am Morgen, als ich zum Frühstück hinunter kam, saß Thiele in einem Stuhl, den er absichtlich in die pralle Sonne gerückt haben musste. Das Robert-Lembke-Jackett hing hochmütig über der Lehne. Die Sonne hatte sein Gesicht, die Brust und selbst die Arminnenseiten mit roter Farbe überzogen. Thiele wischte sich den Schweiß von der Stirn, er wirkte zerquälter und abwesender als je.
Der zweite Tag begann mit dem Verzehr ekelhafter Beet-Root-Sandwiches, gefolgt von Freizeitanimationen, bei denen man sich Dünen hinunterstürzte und „Dingo, Dingo“ rief. Das Ziel unseres endlosen Marsches durch die Wüste Kootamandras war ein See, der von Kiki-Roodie als ‚magic‘ angepriesen wurde. Etwa um die Mittagszeit tauchte der See hinter einer der unzähligen Dünen hervor. Die englischen Ladies brachten ihren Wasserball zum Einsatz, ich ließ mich treiben, unweit von mir schwammen Kiki-Roodie und Jerry um die Wette, Thiele blieb am Ufer sitzen. Dann irgendwann nahm er Anlauf und stürzte sich kopfüber in den See. Wenig später fühlte ich, wie sich eine triumphierende Hand auf meine Schulter legte. Ich ließ mich treiben, ich dachte an die vergangene Nacht, die Grundlosigkeit aller Stimmungen, und etwas war leicht.
Plötzlich aber löste sich Thiele mit einer hastigen Bewegung von meiner Seite und begann, in großen, dramatischen Zügen von dannen zu kraulen. Mechanisch tat ich es ihm nach. Am Ufer dann stand Thiele vor mir, sein Atem hatte sich noch nicht wieder beruhigt, die rote Brust hob und senkte den übrigen Körper. Seine Hand deutete auf den unbewegten See. Ich blickte hinab auf den klaren grünen Grund, in die ödemischen Augen unzähliger Katzenfische, ich lachte, denn ich glaubte zu verstehen, dass sie es gewesen waren, die Thiele aus dem Wasser vertrieben hatten.
Erst die erstickten Schreie der anderen lenkten meinen Blick auf den reglosen Körper, der auf der Wasseroberfläche trieb.
Die betrunkenen Aborigines vom Vortag, die aus dem Nichts aufgetaucht waren, zogen Kiki-Roodie aus dem See. Ihre Gesichter waren mit blauschwarzen Zeichnungen bemalt, sie sprachen kein Wort, von nirgendwo her drang ein Laut. Als sie den Körper auf den Boden legten, schien es, als entfernte sich zu ihren Füßen ein schmaler Schatten. Die englischen Ladies bildeten einen losen Kreis um ihn, von dem niemand sagen konnte, was sein Herz so plötzlich hatte still stehen lassen. Die Vögel über und die Fische neben uns zogen weiter ihre Kreise, und ich wagte nicht, in Thieles verbranntes Gesicht zu sehen, aus Angst vor diesem verstörten Lachen, das sich meine Kehle hinaufzuschrauben und gen Himmel zu verlieren drohte.

Daniela Dröscher    24.01.2006

 

 
Daniela Dröscher
Prosa