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Norbert Bugeja
Ein Tango für die Stufen von Valletta

 

I.
Präludium an die Stadt unter uns


Als wir realisierten,
die Stadt ist geschlossen,
waren wir bereits in ihr.

Bevor ihre Lippen erzitterten,
bevor ihre Finger versteiften
bevor sie ihre Augen senkte,

trotteten wir bereits über die Rose ihres Gesichtes,
hatten wir bereits vermessen,
Straße um Straße,

die schmierigen Stadtränder ihrer Augen,
die gewundenen Stufen ihrer Figur
und den Blue Angel-Junkie, kreidebleich,
zweimal die Woche
die gleiche alte Ader abpressend.

Du hast mir selbst erzählt,
sagte er zu mir,
die Zungen dieser Stadt werden niemals auch nur einen schonen:

Sind wir mit einer Frau zusammen, sagen sie, wir sind so und so,
und mit einem Mann, so müssten wir schwul sein.
Sehen sie dich alleine, würden sie sagen
»er ist so seltsam«
Und wenn du mit mir bist, werden sie behaupten du bist ein Faultier.

Jetzt sag mir, meine Stadt,
du, die jedes Loch kennt,
das ich in meinen Arm gegraben habe,
sind es Tränen oder Heineken,
die meine Wangen heruntertropfen?


Und wir schreiten hinunter, in dich hinein,
in das schmerzende, grenzenslose Reich
deiner Sehnsüchte,
Welcome to our Country
und die in der Dunkelheit geflüsterten verbleibenden Märchen –
die Stufen überflutet,
die klaffenden Vorhänge,
oder ein Kabarett wie ein vergossenes Glas Wein.
Unsere Augen rollend,
schmierige Münzen aus der Unterwelt,
eine trunkene ausgelassene Lust,
unsere Kraft träge wie eine gefesselte Geige,
die markerschütternde Kühle
durch die Geschichten unserer Kindheit flatternd,
unsere Leben entlang der Schneide einer Klinge reisend ...

Manchmal erspähte er eine Ausstellung von Fotos
und starrte sie an, entgeistert
wie ein alter Mann, sich sehnend nach einem Tabernakel
überfüllt von Strömen von Verlangen und Traum –

Schatz, oh Schatz,
welches Chaos hat diese Straßen erfüllt
seit Du gegangen bist!

 

Norbert Bugeja    26.03.2008

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Lyrik