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Zwischen zwei Bildern

Ich fälle die abgestorbene Zierkirsche
und trage Stamm und schwarzes Geäst
mit einer Hand aus dem Garten, so leicht
ist diese Tote. Als der Goldregen blühte,
Vorwand, gelber, jährlich wiederkehrender
Hintergrund fürs Familienbild, zitterten
noch drei Blütenschnipsel an einem Ast.
Dann nichts mehr zu finden. Gerippe,
das alles Gras im Umkreis schwärzte,
pilzbefallener Blattlausfänger, störend
beim Manövrieren mit dem Mäher.

Rosige, hautweiche winzige Blätter,
eine Krone mit Schultern und Hals
und eine Borke hatte sie, goldener
kein Goldregen der ganzen Jahre.
Ich lege den fauligen Stumpf frei,
zerhacke Wurzeln. Der Spatenstiel,
der Stiel der Schaufel gehen zu Bruch,
dann also die Axt, und diese Technik
hat Erfolg. Ab jetzt können wir sagen,
der schwarze Graskreis auf dem Foto,
da stand sie, das war die Kirsche.

Mirko Bonné      18.10.2006

Mirko Bonné
Lyrik