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Leipziger Buchmesse vergrätzt Jungverlage mit Gebühr für Lesungen 24.11.2008
Leipziger Buchmesse
Beiträge: 1) Poetenladen 2) Plöttner Verlag 3) VS in Sachsen

Leipzig liest – Gebührenkult statt Lesekultur

Die Jungen Verleger erfuhren im Schreiben der Leipziger Buchmesse, dass neben den üblichen Kosten im Jahr 2009 zusätzlich eine Eintragungsgebühr von 25 Euro für die Anmeldung einer jeden Lesung erhoben wird. Die Begründung: „Die Gebühr soll uns helfen, auch weiterhin allen Ausstellern den Zugang zu ‚Leipzig liest‘ zu erhalten.“


Bisher rühmte sich die Messe samt der Reihe Leipzig liest damit, eine Lesemesse zu sein und den jungen und kleinen innovativen Verlegern notwendigen Spielraum zu bieten. Aber gerade die nun angekündigte Gebühr bedeutet für kleine Verlage eine Erhöhung der Kosten um bis zu 10 Prozent. Für vier Debüts, in je einer halbstündigen Veranstaltung vorgestellt, kassiert Leipzig liest nun 100 Euro. Mit den Kosten für einen Kleinstand und den Nebenkosten von Strom bis zum Ausstellereintrag sind so 1000 Euro schnell erreicht.

Großverleger mögen diese Gebühr aus der Portokasse zahlen – sie können auf Best­seller­autoren bauen, die das Geld vielleicht wieder einspielen. Für kleine und mittlere Literaturverlage, die mit viel Idealismus nach Leipzig reisen, bedeutet das eine unnötige Hürde und kommt einer Bestrafung der Lese-Aktivitäten gleich.

Hier geht es ums banale Geschäft und nicht um literarische Vielfalt. Dass junge Verleger, die bereits hohe finanzielle Risiken mit Prosadebüts oder Gedichtbänden auf sich nehmen, nun mit einer bürokratisch ersonnenen Gebühr bestraft werden, ist ein Hohn des Mottos: Leipzig liest. Oder möchte man die Wirtschaftskrise, die sicher den Buchmarkt nicht verschonen wird, in Leipzig schon vorinszenieren? Es gibt zum Glück neue Buch- und Independent-Messen, auf denen man liest – Leipzig, ade?

Immer wieder hörte man, die Independent-Verlage, die wissbegierigen Zuhörer und die mannigfaltige Welt der Literatur jenseits bloßer Konvention machten den Charme der Leipziger Buchmesse aus. Das ist offenbar bloße Werbelitanei, hinter der sich in Wahrheit eine desorientierte Messe-Bürokratie verbirgt, die den guten Ruf eines jungen Lese-Leipzigs lädiert.

Andreas Heidtmann, poetenladen



Der Ploettner Verlag Leipzig ist ähnlicher Auffassung und schreibt:
Neue Gebühr ärgert Verlage

Verlage, die im November 2008 wie gewohnt ihre Formulare für das Lesefest Leipzig liest ausgefüllt und ihre Autorinnen und Autoren für Lesungen auf der Buchmesse 2009 angemeldet haben, dürften einen kleinen Schock erlitten haben. 25 Euro soll künftig jeder Eintrag im Programmheft „Leipzig liest“ und im Internet kosten. Von Seiten der Buchmesse heißt es, die Gebühr diene dazu, das Programmheft zu finanzieren. Bei knapp 2.000 Veranstaltungen kämen dann immerhin etwa 50.000 Euro zusammen. Während die großen Verlage die Zusatzkosten einfach so durchzuwinken scheinen, regt sich bei den kleinen Verlagen, für die ein Messeauftritt ohnehin schon eine große finanzielle Belastung darstellt, Widerstand.

Doch auch das Budget der großen Verlage ist längst nicht mehr endlos strapazierbar. Es wird sich zeigen, ob sich die neue Lese-Gebühr unter Umständen in einem Rückgang der vermieteten Flächen niederschlägt. Schlimmstenfalls geht diese Idee nach hinten los und verprellt langfristig Aussteller, denn die Erhöhung der Gesamtkosten eines Messeauftritts könnte mittelfristig ein Argument dafür sein, gänzlich auf die kleinere der beiden Buchmessen im Jahr zu verzichten. Nicht zuletzt greift die Geschäftsführung der Buchmesse damit ausgerechnet in eines der erfolgreichsten Rezepte der Leipziger Buchmesse ein: Das Lesefest ist durch seine große Publikums- und Autorennähe das Alleinstellungsmerkmal für die Leipziger Messe schlechthin.

Kritikwürdig ist aber vor allem die Kommunikationsstrategie der Messe. Anstatt auf die Verlage zuzugehen und die Notwendigkeit einer neuen Gebühr offen zu kommunizieren, findet sich lediglich auf der Homepage der trockene Vermerk: „Neu ab 2009: Gebühr für den Eintrag im Leipzig-liest-Programmheft: pro Veranstaltung 25,00 Euro.“

Ploettner Verlag Leipzig




Schreiben des VS Sachsen und des Kulturwerks dt. Schriftsteller in Sachsen an den Messedirektor

Messegebühren

Sehr geehrter Herr Zille,

die Leipziger Buchmesse ist ein Aushängeschild für die Stadt, für die Region und besitzt eine nicht zu unterschätzende Bedeutung auch international. Was diese Messe auszeichnet und von anderen Veranstaltungen dieser Art abhebt ist ihre Leserzugewandtheit, ihre Neugierde auf Literatur als ein Gradmesser für die Zivilgesellschaft; Literatur als Ausdrucksform, deren Themen begeistern, irritieren, bilden. In Leipzig wird weniger mit dem Warenwert von Literatur spekuliert. Das war zumindest bislang so und hat der Leipziger Buchmesse international ihrer Unverwechselbarkeit zu hohem Ansehen verholfen. Mitte März 2009 ist wieder eine Buchmesse in Leipzig angekündigt. Das jährliche Branchentreffen, das den Leser ausdrücklich einbezieht, vereinigt Groß- und Kleinstverlage, kommerzielles und nichtkommerzielles Denken. Das hat Charme und zeigt dass es den Machern dieser Messe wohl bewusst ist, wie ein Buchmarkt funktioniert und welche Mechanismen notwendig sind, um diesem Markt auch Innovationen zuzuführen. Die Buchmesse ist eben keine reine Wirtschaftsmesse und darf es auch in Zukunft so nicht werden; denn auch eine Messe hat ein Kulturgut zu verteidigen. Wenn man nun die aktuelle Ankündigung der Buchmesse zu Kenntnis nimmt, ist die Aufregung bei Verlegen und ihren Autoren verständlich. Für jede Lesung, die über die Buchmesse beworben wird, wird ein zusätzlicher Betrag von 25,00 Euro pro Lesung erhoben.

Zwei Anmerkungen sind an dieser Stelle notwendig: Zunächst der Zeitpunkt der Veröffentlichung. Die Messeleitung hat bereits im Sommer über diese Gebührenerhebung befunden, um die Druckkosten für das umfangreiche Programmheft zu finanzieren. Ein Gespräch zu diesem Zeitpunkt mit ausgewählten Vertretern der Verlage und Autoren hätte eine Verärgerung vor allem der jungen innovativen Verlegerszene verhindern können. So entsteht der Eindruck, dass merkantile Interessen sich immer stärker in den Mittelpunkt drängen. Die Wichtigkeit dieser Interessen steht hier außer Frage, aber hier wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Auch eine Messe sollte sich Qualität leisten und sich dazu bekennen. Klasse statt Masse!

Der zweite Aspekt ist die Leitfunktion der Buchmesse, die dann gewahrt ist, wenn sie sich unkonventionell mit ihren Angeboten auch neue Publikumschichten erschließt. Dies kann aber nur dann geschehen, wenn Klein- und Kleinstverlage ihren Anteil zum Gelingen dieser einzigartigen Veranstaltung leisten können. Genau dafür muss die Leitung der Buchmesse Rahmenbedingungen schaffen. Die Auswirkungen eines solchen Versäumnisses könnten auch ein Auseinanderdriften der Buchmesse bedeuten, bei gleichzeitiger Neuorientierung der Klein- und Kleinstverlage. Die Entscheidung ist aufgrund ihrer Kürze nicht rückgängig zu machen. Wir geben aber zu bedenken, dass solche Entscheidungen in der gegenwärtigen Situation in einen anderen Kontext gestellt werden könnten, die fatale Folgen hätten.

Hochachtungsvoll
Lutz Hesse
Vorsitzender VS Sachsen
Steffen Birnbaum
Vorsitzender Kulturwerk dt. Schriftsteller in Sachsen




Auch die Leipziger Internet Zeitung berichtet (mit zitierter Antwort des Messedirektors Oliver Zille) sowie das Literaturcafé.


Kommentare an: info@poetenladen.de




Leseinsel mit den Lyrikern:
Andreas Altmann, Katrin Merten, Ulrike Almut Sandig

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